Fermentation – ein neues kulinarisches Schlagwort oder altbewährtes Küchenwissen?
Was ist das genau, wie geht’s richtig und was mache ich mit fermentiertem Gemüse?
Fast in Vergessenheit geratenes traditionelles Küchenwissen, die Fermentation, ist heute aktueller denn je und findet wieder Einkehr in heimische und internationale Profi- und Hobbyküchen. Immer öfter besinnen wir uns auf alte Kochhandwerkskunst, die wir fast nur mehr aus den Haushalten unserer Vorfahren kennen. Es wird wieder eingekocht, eingelegt und fermentiert wie in alten Zeiten, um das Gemüse aus dem Garten oder vom Bauernmarkt für die „kargen Monate“ haltbar zu machen.
Fermentation von Gemüse gab es lange vor der Konservendose
Die Erfindung der Konservendose und der Tiefkühltruhe hat die altbewährten Techniken der Haltbarmachung in Vergessenheit geraten lassen. Daher können heute nur wenige Menschen mit dem Begriff „Fermentation“ etwas verbinden, was nicht alchemistisch und fremdartig anmutet. Geschweige denn das Fermentieren in die Praxis umsetzen. Dabei gibt es beim Fermentations-DIY nur wenige Punkte zu beachten, um mit den eigenen Kreationen zu reüssieren.
Fermentation als natürliche Konservierungsmethode für Obst und Gemüse
Sobald Obst und Gemüse geerntet sind, beginnt ein Zerfalls- und Abbauprozess. Diesen beschleunigen Mikroorganismen, die an der Oberfläche dieser Lebensmitteln leben, extrem. Insofern ist die Fermentation – die „schöne Schwester der Fäulnis“ – eine der bewährtesten Techniken (nebst Einsalzen und Trocknen), um Nahrungsmittel zu konservieren und dieser Tatsache entgegenzuwirken.
Weltweit wird fermentiert
Dafür ist kein spezielles Klima notwendig. Es muss nichts gekocht werden. Nur ein Behälter ist nötig (oder ein Loch im Boden, meist mit Blättern ausgelegt) sowie etwas Wasser und Salz oder Meerwasser. Die Technik der Fermentation ist weltweit verbreitet und in vielen Kulturen, besonders im asiatischen Raum, aus der Alltagsküche nicht wegzudenken.
Sojasauce ist ein Fermentationsprodukt
Um ein Beispiel zu nennen: Die Sojasauce ist ein Fermentationsprodukt, welches auch in der europäischen Küche immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dagegen sind Sauerkraut, Oliven und Salzgurken in Europa bereits altbekannt. Allerdings sind diese nicht mit dem meist in einer Marinade eingelegtem Gemüse zu verwechseln, wie z. B. dem Essiggurkerl.
Schätzungen zufolge werden 1/3 aller Lebensmittel weltweit fermentiert.
Anleitung zur Fermentation von Gemüse
Desinfizieren kommt vor Fermentieren
Der einfachste Weg, die Gläser zu desinfizieren, ist, diese mit heißem Wasser auszuspülen und danach verschlossen bis zum anschließenden Befüllen stehen zu lassen.
Richtige Temperatur
Fermentiert wird üblicherweise im Temperaturbereich von 16 °C bis 25 °C. Je höher die Temperatur, desto schneller startet die Fermentation.
Auf die Salzkonzentration kommt es an
Salzsparen ist hier nicht angebracht. Wir brauchen eine gewisse Salzkonzentration, damit sich die Milchsäurebakterien optimal vermehren können.
Faustregel: 50 g Salz pro Liter Wasser.
Je höher die Salzkonzentration, desto langsamer erfolgt der Fermentationsprozess.
In 21 Tagen zum fermentierten Gemüse
Als Faustregel gelten für in Salzlake eingelegtes Gemüse 21 Tage. Der salzige Geschmack ist dann fast verschwunden und der saure Geschmack überwiegt. Je länger man das Gemüse in der Lake lässt, desto weicher kann es werden. Des Weiteren können sich verschiedene Aromakompositionen ergeben. Die Haltbarkeit des fermentierten Gemüses beträgt sechs Monate bis mehrere Jahre.
Einfluss des Lichts auf Fermentation
Für eine Fermentation wird Licht nicht benötigt. Die Fermentationsgefäße (Gläser) werden meist an einem dunklen Ort aufbewahrt. Sind sie Sonnenlicht ausgesetzt, kann diese je nach Strahlungsstärke den Inhalt ungewünscht erwärmen und so den Fermentationsprozess negativ beeinflussen.
Eine Frage der Belüftung
In den ersten fünf Tagen der Fermentation ist die CO2-Bildung am größten. Daher sollten jeden Tag die Gläser kurz geöffnet werden, damit der Druck entweichen kann. Den Deckel niemals ganz öffnen bzw. entfernen, um Kontaminationen aus der Luft zu vermeiden.
Gewichte halten Fermentiergut in der Lake
Gewichte dienen dazu, das Fermentiergut in der Lake zu halten. Denn hat das Gemüse Kontakt mit der Luft, können sich Fäulniserreger vermehren. Durch die gebildeten Fehlaromen muss man oft den gesamten Fermentationsansatz wegwerfen.
Schimmel
Bei starkem Schimmelbefall (Schwarzköpfchenschimmel) muss der gesamte Fermentationsansatz verworfen werden.
Welches Wasser ist für das Fermentieren von Gemüse am besten geeignet?
Da österreichisches Leitungswasser nicht chloriert ist, eignet es sich hervorragend zum Fermentieren.
Mit diesen Gemüsekombinationen gelingt Fermentation am besten
Für alle Ansätze gilt es zuerst eine Stammlösung herzustellen. Unser Gemüse wird in einer 5%igen Salzlösung (Salzlake) eingelegt. 50 g Meersalz werden in 1 l Leitungswasser aufgelöst. Dafür eignet sich das österreichische Leitungswasser sehr gut, da dieses nicht behandelt bzw. mit Chlor versetzt wird. Denn chloriertes Wasser tötet Bakterien ab und wirkt sich negativ auf den Fermentationsprozess aus.
Schichten statt stampfen
Ferner kann das Gemüse je nach Konsistenz in Scheiben oder Streifen geschnitten werden. Als Nächstes packt man es dicht in die Gläser. Dabei ist das berühmte Stampfen nur bei Weißkraut nötig. In diesem Fall werden die entstehenden Hohlräume mit der Salzlake aufgefüllt.
Deckel sterilisieren nicht vergessen
Außerdem muss der Deckel, welcher das Gemüse unter Wasser hält, ebenfalls kurz sterilisiert werden. Um dies zu tun, gibt man ihn für 30 Sekunden in heißes Wasser oder wischt ihn alternativ mit 95% Alkohol ab. (Wichtig: Immer neue Deckel verwenden! Verschiedene Inhalte und vor allem Alkohol greifen die Beschichtung der Deckel an, bei älteren Deckeln kann die Lebensmittelsicherheit nicht gewährleistet werden.)
Danach füllt man abermals die Gläser mit Salzlake auf (bis ca. 1 cm unter den Rand des Glases).
Kombinierte Fermentationsansätze
- Kürbis-Chili
Hokkaido–Kürbis, gewürfelt
2 Chilischoten, getrocknet
5%ige Salzlösung - Mediterranes Gemüse
Zucchini
Paprika (gelb, grün, rot)
Majoran, getrocknet
5%ige Salzlösung - Fenchel & Kürbis
1 Fenchelknolle, in Streifen geschnitten
Hokkaido, gewürfelt
Dill, frisch
Pfefferkörner
5%ige Salzlösung - Rote Rüben + Rotkraut (Spitzkraut)
140 g Rote Rüben, in Streifen geschnitten
40 g Rotkraut, geschnitten
5 Nelken
Ingwer, frisch - Fisolen + Kümmel
200 g Fisolen, 2–3 cm lange Stücke
Kümmel, ganz
5%ige Salzlösung - Karotte + Sellerie + Ingwer
130 g Karotte
50 g Sellerie
10 g Ingwer
5%ige Salzlösung - Karotte + Sellerie + schwarzer Rettich
50 g Karotte
50 g Sellerie
50 g Schwarzen Rettich
5%ige Salzlösung - Kohlrabi + Muskatnuss + Pfeffer
150 g Kohlrabi
Muskatnuss
Pfeffer - Schwarzer Rettich + Zimt + Vanille
100 Schwarzer Rettich
Zimt
Vanille - Gewürzrüben
90 g Rote Rüben
Nelken
Sternanis
Zimt - Gewürzkraut
60 g Rotkraut
Sternanis
Pfeffer
Zimt
Fermentationsansätze mit Sojasauce
- Gemüse-Mix mit Kikkoman natürlich gebrauter Sojasauce (Ready 2 Wok)
Zucchini
Paprika
Hokkaido
1 Zehe Knoblauch
1,5 EL Kikkoman natürlich gebraute Sojasauce (bzw. ein Ansatz mit 1,5 EL Kikkoman natürlich gebrauter Sojasauce, ohne Knoblauch) - Karotte + Mangold + Kikkoman natürlich gebraute Sojasauce (Ready 2 Wok)
60 g Karotten, in Stifte geschnitten
110 g Mangold
2 EL Kikkoman natürlich gebraute Sojasauce
½ Knoblauchzehe - Melanzani + Koriander + Kikkoman natürlich gebraute Sojasauce
150 g Melanzani
2 EL Kikkoman natürlich gebraute Sojasauce
Koriandersamen
Die Kikkoman natürlich gebraute Sojasauce dient bei manchen der hier präsentierten Fermentationsansätze dazu, das Aroma im Endprodukt zu verfeinern. Das Ready 2 Wok Prinzip verbindet die Verwendung der fermentierten Gemüse aus dem eigenen Garten mit unserer schnelllebigen Zeit. In dem Fall kommt das Gemüse direkt in den Wok und kann mit Fleisch, Fisch oder Tofu ergänzt werden.
Tipps zur Fermentation sowie die Rezepte wurden im Zuge eines Fermentationsworkshops von Kikkoman Trading Europe in Zusammenarbeit mit dem Geschmackslabor Graz der Karl-Franzens-Universität Graz vermittelt.
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