Heilsamer Hanf – eine Wiederentdeckung

D er Hanf zählt zu den ältesten Nutzpflanzen der Welt. Er ist mit dem Hopfen verwandt, wurde zur Fasergewinnung angebaut, zwischenzeitlich verboten und erlebt seit geraumer Zeit eine Renaissance – in der Medizin, aber auch in der Küche. So entdecken wir mehr und mehr den Hanf als Superfood und kreieren Rezepte mit Hanf.

Segeltuch, Taue, aber auch Papier und feinere Stoffe – sie alle wurden aus der äußerst widerstandsfähigen Hanffaser gefertigt. Funde belegen, dass die Pflanze schon vor fast 5000 Jahren verwertet wurde. Die Nutzung von Hanf als Heilpflanze und Rauschmittel reicht ebenso weit zurück.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Anbau von Hanf von den USA ausgehend verboten und blieb es fast durchgehend bis in die 1990er Jahre. Heutzutage wird Nutzhanf einerseits in der Bau- und Bekleidungsindustrie, andererseits in der Ernährung eingesetzt. In engen Grenzen kommt THC-haltiger Hanf auch in der Medizin zum Einsatz.

Systematik

Der Hanf ist ebenso wie der Hopfen eine Gattung in der Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae).

  • Als Wildform kann die Art Cannabis ruderalis genannt werden. Sie ist die kleinste aller Hanfarten und enthält geringe Mengen von Wirkstoffen. Diese anspruchslose Art wurde vor gut 100 Jahren in Russland klassifiziert.
  • Bekannter ist die psychoaktiv wirksame Art Cannabis indica. Diese Art wurde in Indien entdeckt (daher der Name). Sie wird größer als die Wildform (bis zu gut einem Meter), hat einen buschigen Wuchs und recht breite Blätter. Ihr Gehalt an psychoaktiven Wirkstoffen ist sehr hoch. Sie wirkt aufgrund ihrer Wirkstoffzusammensetzung eher beruhigend und entspannend.
  • Am bedeutendsten ist in Österreich die Kulturform Cannabis sativa. Sie wird mehrere Meter hoch, ist sehr faserreich, hat schmale Blätter und ist ein wenig heller als die Indica-Sorten. Wie auch die Art Cannabis indica enthalten Sativa-Sorten das volle Wirkstoffspektrum, wobei diese Sorten eher anregend wirken.

Diese Kulturform (konkret aus der Unterart Cannabis sativa ssp. sativa) wird in Österreich angebaut, je nach Züchtung als Industriehanf zur Fasergewinnung bzw. für Speisezwecke oder als medizinischer Hanf. Damit eine Sorte als Nutzhanf angebaut werden darf, darf der THC-Gehalt einen Anteil von 0,2 % (gilt für Faserhanf; 0,3 %, wenn es sich um den Einsatz als Lebensmittel handelt) nicht übersteigen. Nutzhanfsorten sind im Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten der EU aufgelistet.

Hanfsorten, deren THC-Gehalt diesee Grenzwerte übersteigen, fallen unter das Suchtmittelgesetz – der Anbau ist verboten. Allerdings wird dieser Drogenhanf in Österreich unter streng kontrollierten Bedingungen von der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) für medizinische Zwecke kultiviert.

Hanfpflanze
Hanf ist eine einjährige, krautige Pflanze. Sie ist zweihäusig, das heißt, es gibt (blütentragende) weibliche und männliche Pflanzen.

Inhaltsstoffe von Cannabis

Hanf enthält insgesamt wohl um die 500 verschiedene Inhaltsstoffe, darunter die für die Ernährung wertvollen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, Zucker sowie sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide, die antioxidativ wirken. Zudem wurden bereits mehr als 100 verschiedene sogenannnte Cannabinoide im Hanf bzw. in den weiblichen Blüten gefunden.

THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) ist wohl der bekannteste Inhaltsstoff der Hanfpflanze. Er ist es, der die berauschende, psychoaktive Wirkung hervorruft. THC hat zudem beruhigende, schmerzlindernde, muskelentspannende und aufheiternde Wirkung.

Ähnliche Bekanntheit hat vor allem in den letzten Jahren der Wirkstoff CBD (Cannabidiol) erfahren. Nutzhanf weist große Mengen an CBD auf. Dieser Inhaltsstoff hat keine psychoaktive Wirkung, er wirkt jedoch schmerzstillend, antientzündlich, antibakteriell, krampf- und angstlösend.

Weitere Cannabinoide sind beispielsweise Cannabichromen (CBC), das gemeinsam mit CBD bei Schmerzen und Depressionen wirksam sein soll, Cannabigerol (CBG) oder Cannabinol (CBN). Diese Stoffe sind jedoch in weitaus geringerem Ausmaß enthalten, ihre Wirkungen dementsprechend noch nicht ausreichend erforscht.

Hanf – Arzneipflanze des Jahres 2018

Die positiven Effekte des Hanfs in der Ernährung, aber vor allem auch in der Medizin werden seit einigen Jahren vermehrt erforscht. Diese Tatsache und auch die Tatsache, dass medizinischer Hanf in Österreich angebaut wird, haben dazu geführt, dass der Hanf zur Arzneipflanze des Jahres 2018 gekürt wurde.

Die HMPPA (Herbal Medicinal Products Platform Austria) – eine Plattform bestehend aus Expertinnen und Experten der pharmazeutischen Institute der Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck – kürt seit 2017 jedes Jahr eine Pflanze zur Arzneipflanze des Jahres.

In der Publikation zur Arzneipflanze des Jahres wird auf Anbau und Systematik, Inhaltsstoffe und vor allem die medizinischen Einsatzgebiete von Hanf-Präparaten eingegangen. Die Autoren weisen auf die extrem hohe Bedeutung von Cannabis in der Medizin hin und auf die in Zukunft noch weiter zu erforschenden Wirkungsweisen und Einsatzgebiete.

Hanf in der Medizin

Psychoaktiv wirksame Cannabis-Substanzen (wie eben der Wirkstoff THC) unterliegen dem Suchtmittelgesetz und sind in Österreich verboten. Dank einer Ausnahmeregelung ist der medizinische Einsatz bestimmter Cannabis-basierter Arzneimittel jedoch erlaubt. Zugelassen sind in Österreich aktuell:

  • Dronabinol – das ist der international gültige Name für THC, also für den Wirkstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinol. Der Arzneistoff kann halbsynthetisch hergestellt oder aus natürlichem Cannabisextrakt isoliert werden. Das Medikament muss chefärztlich verschrieben und eigens in der Apotheke zubereitet werden, es wird bei Patientinnen und Patienten mit MS oder auch bei Krebserkrankungen meist bewilligt.
  • Nabiximols – das ist eine fertige Extraktmischung (THC und CBD), die als Mundspray (Sativex) in Österreich im Rahmen der Behandlung von MS zugelassen ist.
  • Epidyolex – in diesem fertigen Arzneimittel ist CBD als Wirkstoff enthalten.
Hanf in der Medizin
Es fehlt der wissenschaftliche Nachweis, dass die Wirkung von Cannabis (als Vollextrakt) höher wäre als die Wirkung der Reinsubstanzen. Bei einer Reinsubstanz wie Dronabinol ist in jedem Fall die genaue Dosierung gewährleistet, während der Inhaltstoffgehalt in der Hanfpflanze schwankt.

Hanf in der Küche

Hanf ist ein wahres Superfood! Kulinarisch werden die fein-nussig schmeckenden Hanfsamen genützt (botanisch gesehen spricht man von Hanfnüssen).

  • Die Hanfnüsschen sind reich an Fettsäuren, sekundären Pflanzenstoffen, Cannabinoiden. In ungeschälter Form enthalten sie zudem viele Ballaststoffe. Hanfnüsschen kommen aber auch geschält in den Handel. Sie können über Salate und Müsli gestreut werden, aber auch Nüsse aller Art ersetzen, beispielsweise in Kuchen.
  • In verarbeiteter Form werden die Hanfsamen zu Öl gepresst oder als Hanfmehl bzw. Hanfprotein angeboten. Hanföl hat einen recht niedrigen Rauchpunkt, er liegt bei etwa 165 °C, daher ist Hanföl zum scharfen Braten nicht geeignet. Zum Dünsten kann es schon verwendet werden. Besonders fein schmeckt es zu Salaten und Rohkost, über Pizza oder Pasta gegossen sowie zum Verfeinern von Müslis oder Aufstrichen.
  • Hanfmehl bzw. Hanfprotein ist das Nebenprodukt, dass beim Pressen der Nüsschen zu Öl entsteht. Der Unterschied liegt hier häufig lediglich am Eiweißgehalt des Presskuchens. Hanfmehl kann normales Mehl bis zu einem Anteil von 10–15 Prozent der Gesamtmenge ohne Probleme ersetzen, beispielsweise in Kuchenrezepten. Das Hanfprotein kann auch als eiweißreicher Shake genossen werden.
Hanfsamen ungeschält

Für Ernährungszwecke werden die Hanfsamen (Hanfnüsse, Bild links) verwendet. Die ballaststoffreichen Nüsschen sind vielseitig einsetzbar. Bekömmlicher werden sie, wenn man sie vor dem Verzehr einige Stunden in Wasser quellen lässt.

Hanfnüsschen gelangen häufig in geschälter Form (Bild rechts) in den Handel. So sind sie bekömmlicher und feiner im Geschmack. Sie verfeinern Salate und Vorspeisen, passen aber auch in Kuchenteige oder zu pikanten Hauptspeisen.

Hanfsamen geschält

Rezepte mit Hanf

Hanf ist in der Küche also sehr vielfältig einsetzbar, sein fein-nussiges Aroma verfeinert Vorspeisen, Salate und Suppen ebenso wie Hauptspeisen und süße Gerichte. Hanf-Rezepte werden mit den Nüsschen, dem Hanföl oder auch mit Hanfmehl zubereitet. Ein paar Ideen, was sich aus Hanfnüsschen und mit Hanföl alles zaubern lässt, haben wir hier angeführt.

Herbstliche Hanfsamenpizza mit Kürbis

Der Schokoladenkuchen wird mit einer Schoko-Hanföl-Glasur umhüllt.

Chinakohlsalat mit Hanfmarinade

Diese vegetarische Hanfsamenpizza wird mit Kürbis und Schafkäse belegt. Die Hanfsamen werden in den Dinkelgermteig eingearbeitet. Wer mag, verfeinert die Pizza am Tisch noch mit einem Schuss Hanföl. Auch geröstete Hanfnüsschen, über die fertige Pizza gestreut, sorgen für das gewisse Extra.

Schokoladen-Hanfkuchen

Feiner grüner und roter Chinakohlsalat mit Karottenraspeln und Hanföl-Marinade. Die gerösteten Hanfnüsse in der Marinade verleihen dem Salat einen würzig-nussigen Geschmack. Eine wohlschmeckende und gesunde Vorspeise!

Fazit: Die Bedeutung von Hanf

Hanf ist eine vielseitige Heilpflanze mit enormem Potenzial. Die Einsatzgebiete werden sich mit verstärkter Forschung wohl noch ausweiten.

Als überaus robuster Faserstoff hat Hanf (bzw. die Hanffaser geschmischt mit den Schäben, also dem verholzten Teil der Stängel) in der Bauindustrie als Dämmmaterial sehr viel Potenzial. Auch als Bekleidungsstoff, in der Papierindustrie oder als Mulch kann die robuste Faser eingesetzt werden.

In der Küche ist Hanf ebenso vielseitig einsetzbar. Neben dem hohen Gehalt an hochwertigem Eiweiß sind vor allem der Gehalt an gesundheitsfördernden Fettsäuren mit einem optimalen Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren sowie der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen hervorzuheben. Diese Tatsachen machen Hanf in der Küche zu einem wahren Superfood und Hanf-Rezepte zu Kraftpaketen.

Quellen:

Thurner, A., Thurner, B., Thurner, P.: Heilender Hanf. Cannabis – die wiederentdeckte Naturmedizin. Kneipp, Wien – Graz – Klagenfurt, 2018.

Hanf, Lebensmittelinformation der AGES, in: https://www.ages.at/mensch/ernaehrung-lebensmittel/lebensmittelinformationen/hanf (abgerufen im März 2023)

Pressemappe Arzneipflanze des Jahres 2018: Cannabis, in: https://www.hmppa.at/wp-content/uploads/2022/09/Pressemappe_Arzneipflanze_2018.pdf (abgerufen im März 2023)

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